Europäische Vereinheitlichung des Internationalen Güterrechts
Das Internationale Familienrecht umfasst die Regeln über
- die Internationale Zuständigkeit, also die Bestimmung, in welchem Staat ein Gerichtsverfahren zu führen ist,
- das anzuwendende Recht, also nach der Rechtsordnung welchen Staates ein Sachverhalt zu entscheiden ist, sowie
- die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen in Familiensachen.
Jeder Staat hat sein eigenes Internationales Familienrecht, so dass es zu erheblichen Wertungswidersprüchen und divergierenden Ergebnissen kommen kann, je nach dem, in welchem Land ein Verfahren anhängig gemacht wird. Um dies zu vermeiden, ist die Vereinheitlichung der Regeln über das Internationale Familienrecht im Internationalen, wie auch im Europäischen Rahmen von hervorragender Bedeutung. Nachdem die Vereinheitlichung des Internationalen Familienrechts in Europa in den Bereichen Kindschaft, Ehescheidung und Unterhalt bereits weit vorangekommen ist, hat der Rat der Europäischen Union im Jahr 2016 für den Bereich des ehelichen Güterrechts und der güterrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften mit den Verordnungen (EU) 2016/1103 und 2016/1104 vom 24. Juni 2016 einheitliche Regeln für das Internationale Familienrecht geschaffen.
Die beiden Verordnungen sind am 8. Juli 2016 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft getreten. Art. 70 beider Verordnungen sieht den Geltungsbeginn grundsätzlich ab 29. Januar 2019 vor, Unmittelbar anzuwendbar sind die Verordnungen bereits jetzt in folgenden Ländern:
Belgien, Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik sowie Zypern (Mitgliedsstaaten).
Die Verordnungen regeln in Fragen des Güterrechts die internationale Zuständigkeit, die Bestimmung des anwendbaren Güterrechts und die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen in Güterrechtssachen.
Art. 20 beider Verordnung bestimmt den universelle Anwendungsgrundsatz:
Das nach dieser Verordnung bezeichnete Recht ist auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist.
Die Art. 22 ff. bestimmen den Vorrang der Rechtswahl, die Eheleute selbst für ihre güterrechtlichen Beziehungen treffen, und legen die Erfordernisse für diese Rechtswahl fest.
Art. 26 der Verordnung (EU) 2016/1103 bestimmt für das eheliche Güterrecht, welches Recht anwendbar ist, wenn eine wirksame Rechtswahl unterblieben ist und enthält eine Prüfungsleiter, d.h. die erste zutreffende Regel ist maßgeblich:
(1) Mangels einer Rechtswahlvereinbarung nach Artikel 22 unterliegt der eheliche Güterstand dem Recht des Staates,
a)
in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls
b)
dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen, oder anderenfalls
c)
mit dem die Ehegatten unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind.
(2) Besitzen die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung mehr als eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, findet nur Absatz 1 Buchstaben a und c Anwendung.
(3) Ausnahmsweise kann das Gericht, das für Fragen des ehelichen Güterstands zuständig ist, auf Antrag eines der Ehegatten entscheiden, dass das Recht eines anderen Staates als des Staates, dessen Recht nach Absatz 1 Buchstabe a anzuwenden ist, für den ehelichen Güterstand gilt, sofern der Antragsteller nachweist, dass
a)
die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem anderen Staat über einen erheblich längeren Zeitraum als in dem in Absatz 1 Buchstabe a bezeichneten Staat hatten und
b)
beide Ehegatten auf das Recht dieses anderen Staates bei der Regelung oder Planung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen vertraut hatten.
Das Recht dieses anderen Staates gilt ab dem Zeitpunkt der Eheschließung, es sei denn, ein Ehegatte ist damit nicht einverstanden. In diesem Fall gilt das Recht dieses anderen Staates ab Begründung des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in diesem anderen Staat.
Die Anwendung des Rechts des anderen Staates darf die Rechte Dritter, die sich auf dasnach Absatz 1 Buchstabe a anzuwendende Recht gründen, nicht beeinträchtigen.
Dieser Absatz gilt nicht, wenn die Ehegatten vor der Begründung ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in diesem anderen Staat eine Vereinbarung über den ehelichen Güterstand getroffen haben.
Art. 20 der Verordnung (EU) 2016/1104 enthält für eingetragene Partnerschaften für das bei Fehlen einer Rechtswahl maßgebliche Güterrecht; die Prüfungsleiter berücksichtigt die Frage, ob das Recht des Staaates an die eingetragene Partnerschaft güterrechtliche Wirkungen knüpft.
Artikel 26
Mangels Rechtswahl der Parteien anzuwendendes Recht
(1) Mangels einer Rechtswahlvereinbarung nach Artikel 22 unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen einer eingetragenen Partnerschaft dem Recht des Staates, nach dessen Recht die eingetragene Partnerschaft begründet wurde.
(2) Ausnahmsweise kann das Gericht, das für Fragen der güterrechtlichen Wirkungen der eingetragenen Partnerschaft zuständig ist, auf Antrag eines der Partner entscheiden, dass das Recht eines anderen Staates als des Staates, dessen Recht nach Absatz 1 anzuwenden ist, für die güterrechtlichen Wirkungen der eingetragenen Partnerschaft gilt, sofern das Recht dieses anderen Staates güterrechtliche Wirkungen an das Institut der eingetragenen Partnerschaft knüpft und sofern der Antragsteller nachweist, dass
a)
die Partner ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt über einen erheblich langen Zeitraum in diesem Staat hatten und
b)
beide Partner auf das Recht dieses anderen Staates bei der Regelung oder Planung ihrer güterrechtlichen Beziehungen vertraut hatten.
Das Recht dieses anderen Staates gilt ab dem Zeitpunkt der Begründung der eingetragenen Partnerschaft, es sei denn, ein Partner ist damit nicht einverstanden. In diesem Fall gilt das Recht dieses anderen Staates ab Begründung des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in diesem anderen Staat.
Die Anwendung des Rechts des anderen Staates darf die Rechte Dritter, die sich auf das nach Absatz 1 anzuwendende Recht gründen, nicht beeinträchtigen.
Dieser Absatz gilt nicht, wenn die Partner vor der Begründung ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in diesem anderen Staat eine Vereinbarung über die güterrechtlichen Wirkungen der eingetragenen Partnerschaft getroffen haben.